Nicol & Enya

Nicol kommt als Notfallpatientin ins EVK Lippstadt. In der 29. Schwangerschaftswoche platzt die Fruchtblase und ihr behandelnder Frauenarzt stellt eine Plazentaablösung fest. Die Plazenta, der Mutterkuchen, versorgt das Baby während der Schwangerschaft mit Nährstoffen und Sauerstoff. Kommt es zu einer Plazentaablösung, bevor das Baby geboren ist, besteht Gefahr für Mutter und Kind. Die Zeit drängt.

 

Wir sind glücklich, dass es so viele medizinische Möglichkeiten gibt, einem Kind wie Enya zu helfen.

 

Der Notarztwagen bringt Nicol von Oelde ins EVK Lippstadt. Wenig später ist Enya da – 1200 Gramm schwer, 37,5 Zentimeter groß. André sieht als Erster seine Tochter. Ehefrau Nicol liegt nach der Entbindung auf der Intensivstation, Tochter Enya auf der Kinderintensivstation. Der frischgebackene Vater macht mit dem Handy erste Fotos von seiner Tochter. Nicol: „So wusste ich doch wenigstens, wie Enya aussieht.“

„Ich hatte die liebste Hebamme der Welt“, erinnert sich Nicol an die Stunden vor der Entbindung im EVK Lippstadt. „Sie blieb ruhig und das übertrug sich auf mich. Obwohl ich wusste, dass die Situation für mich und mein Baby kritisch war.“

Nach der Geburt geht es Enya zunächst gut. Doch dann kommt es zu einer beidseitigen Hirnblutung. Frühchen haben ein erhöhtes Risiko für eine Hirnblutung, weil ihre Gefäße zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht ausgereift sind. Die behandelnde Kinderärztin ist ehrlich zu den Eltern: „Wir müssen warten und sehen, ob Enya kämpfen will oder nicht.“ „Natürlich stockt einem da der Atem“, erzählt André. „Doch was sollen Ärzte in so einer Situation tun? Wir fanden es immer gut, dass sie ehrlich zu uns waren.“ So ehrlich, dass die Ärzte Enyas Eltern behutsam darauf vorbereiten, dass ihre Tochter einen Shunt braucht – ein Ventil, dass überflüssiges Hirnwasser aus dem Gehirn ableitet. Neben der Kinderklinik verfügt das EVK Lippstadt über eine eigene Kinderchirurgie. Ein großes Glück für Enya. Sie muss nicht verlegt werden. Die Kinderchirurgen operieren erfolgreich. Der Shunt tut seine Arbeit. Enyas Zustand verbessert sich von Tag zu Tag. Nicol: „Wir hatten immer Vertrauen zu den Ärzten im EVK Lippstadt. Sie haben uns alles gut erklärt und sich immer um uns gekümmert.“

Enya bleibt zwölf Wochen auf der Kinderintensivstation. Nicol und André entscheiden sich, nicht mit im Krankenhaus zu bleiben, sondern täglich von Oelde nach Lippstadt zu fahren. Nicol: „Das ging nur, weil ich wusste, dass ich mich auf das Pflegepersonal absolut verlassen konnte.“ Dann – nach einer Woche auf der normalen Kinderstation – darf Enya nach Hause.

Zu Hause strömt viel auf die Familie ein. Das kleine Mädchen braucht bis heute Frühförderung. „Ich wäre komplett überfordert, hätte es den Bunten Kreis OWL Sonnenblume e.V. nicht gegeben“. Bereits im EVK Lippstadt lernen sich Nicol und eine Mitarbeiterin des Bunten Kreises kennen. Der Bunte Kreis kümmert sich um Familien mit frühgeborenen, chronisch- oder schwerkranken Kindern. „Da standen so viele Menschen an unserer Seite. Ich kann immer nur wieder danke dafür sagen.“

Und heute? Enya ist inzwischen drei Jahre alt. Sie spricht wie eine normale Dreijährige und hat keinerlei motorische Schwierigkeiten. Den Shunt in ihrem Kopf wird sie ein Leben lang tragen. Deshalb muss sie vorsichtig sein – beim Klettern und Toben. Enya muß auf ihren Kopf aufpassen. Im Kindergarten hat sie eine Integrationskraft an ihrer Seite.

Enya, Nicol und André haben viel erlebt in den drei Jahren als Familie. André: „Wir sind glücklich, dass es so viel medizinische Möglichkeiten gibt, einem Kind wie Enya zu helfen.“ Seine Frau ergänzt: „Ich danke allen, die sich im EVK Lippstadt um uns gekümmert haben. Ich danke ihnen dafür, dass ich mit dem Gefühl nach Hause gegangen bin, dass wir das hinbekommen. Und wenn nicht, dass wir immer jemanden fragen können.“