Kinderintensivstation

Schwester Waltraud trägt heute ein Namensschild mit einem bunten Einhorn. Sie leitet die Kinderintensivstation im EVK Lippstadt. Die Kinderintensivkrankenschwestern hier tragen alle bunte Namenschilder und bunte Socken, farbige Schuhe. „Es ist wichtig, Farbe in den sterilen Krankenhausalltag einer Intensivstation zu bringen“, sagt Waltraud Baumann.

 

Wir gehen einen Weg mit unseren Patienten. Egal in welche Richtung er führt. Wir gehen ihn gemeinsam.

 

„Farbe bringt unseren besonderen Kindern ein Stück Normalität“, fährt Schwester Waltraud fort. Normalität in einem Umfeld, das klinisch rein ist, in dem Maschinen piepsen, sehr kranke Kinder versorgt werden. Waltraud Baumann: „Es ist ein emotionales Arbeiten hier. Es ist anspruchsvoll und stellt uns jeden Tag vor Herausforderungen.“

Auf der Kinderintensivstation des EVK Lippstadt gibt es 16 Plätze, darunter elf Beatmungsplätze und vier Betten für Kinder bis zu einem Alter von 18 Jahren. „Das sind unsere großen Patienten. Unsere kleinen Patienten sind Frühchen ab der 23. Schwangerschaftswoche.“

Viel hat sich geändert in den letzten Jahren. „Medizin kann heute so viel mehr. Besonders in der Neonatologie – der medizinischen Versorgung der Neugeborenen – gibt es Quantensprünge. Früher kamen die Frühchen ab der 28. Schwangerschaftswoche.“ Gerade hier ist die Medizin Segen und Fluch zugleich. So empfindet es die Frau, die sich seit 26 Jahren um kranke Kinder kümmert. „Auch die modernste Medizin kommt manchmal an ihre Grenzen. Aber hier habe ich zu unseren erfahrenen Ärzten absolutes Vertrauen. Sie treffen die medizinische Entscheidung. Wir auf Station tragen diese Entscheidung als Team mit.“ Das Team ist Waltraud Baumann wichtig. „Läuft etwas nicht so wie es soll, stellen wir uns als Team in Frage. Läuft etwas gut, freuen wir uns als Team.“ Es gibt viele Erfolgsgeschichten auf der Kinderintensivstation. Das ist zum Beispiel die Neunjährige, die als Frühchen-Patientin hier war. „Das Mädchen ist jetzt zur Kommunion gegangen. Und jedes Jahr schickt die Mutter uns eine Karte, zu Weihnachten oder so. Das motiviert.“ Und es gibt die anderen Fälle. Der Trauerbaum an einer Wand der Kinderintensivstation erzählt von denen, die nicht gesund geworden sind.

 

Konnte die Medizin nicht helfen, fliegt ein Papierschmetterling mit dem Namen des Kindes – symbolisch - davon. Vor dem Trauerbaum brennt dann eine Kerze. Waltraud Baumann und ihrem Team geht es auch nach jahrzehntelanger Berufserfahrung nah, wenn sie von einem Kind Abschied nehmen müssen: „Wir sind alle Mütter, haben Kinder.“ Sie, als Stationsleitung, möchte Vorbild sein, für die anderen. „Der Tod gehört zu unserer Arbeit dazu. Wer sich für die Arbeit hier entscheidet, weiß das“, sagt Waltraud Baumann.

Die Patienten auf der Kinderintensivstation bleiben oft viele Monate. Das Familienleben spielt sich teilweise auf der Station ab. Eltern kommen täglich, werden zu vertrauten Gesichtern für die Schwestern. „Wir beziehen die Eltern mit in unsere Arbeit ein. Wir müssen erklären, zuhören, trösten. Das ist intensiver als auf anderen Stationen. Elternarbeit ist uns wichtig.“

Irgendwann gibt es den Punkt, dass Waltraud Baumann ihre Arbeit auf der Kinderintensivstation in Frage stellt. Sie geht und ist nach zwei Jahren wieder da. „Meine Arbeit ist intensiv. Aber Eltern und Kinder geben mir viel zurück.“ Weil Eltern und Kinder auf der Kinderintensivstation des EVK Lippstadt mehr als nur die medizinische Versorgung auf höchstem Niveau bekommen. Da sind die Dinge, die die Zeit auf der Station leichter machen. Die spüren lassen, dass da Menschen arbeiten, die mitfühlen. Sei es der rote Luftballon, der manche Frühcheneltern begrüßt, wenn ihr Nachwuchs endlich die 1.000 Gramm Marke geknackt hat. Oder das Tagebuch, in dem die Kinderintensivschwestern Informationen und Gedanken notieren können und das mit den Patienten irgendwann nach Hause geht. Oder der alljährliche Schokoladennikolaus am 6. Dezember.

„Wir gehen einen Weg mit unseren Patienten“, erklärt Waltraud Baumann ihre Arbeit. „Egal in welche Richtung er führt. Wir gehen ihn gemeinsam.“